Städte und Gemeinden führen ein „Goldenes Buch“ in das sich Ehrengäste während eines Besuchs eintragen dürfen. Oder auch besonders verdiente BürgerInnen der Orte zu einem besonderen Anlass.
Ein Kalligraf bereitet eine Textseite vor, auf der dann unterschrieben wird.
Kalligrafischer Eintrag ins Goldene Buch der Stadt
Einen solchen besonderen Anlass hat heuer die Stadt Burladingen auf der Schwäbischen Alb: sie feiert die Wiedereröffnung ihrer Stadthalle, die unter großem ( finanziellem und zeitlichem) Aufwand renoviert wurde. Am Freitag gab es ein großes Fest, zu dem die Burladinger BürgerInnen eingeladen sind.
Ich durfte den kalligrafischen Eintrag in das Goldene Buch vornehmen. Inzwischen haben die Ehrengäste des Festes, die die Stadthallen-Renovierung erst möglich gemacht haben, ihre
Unterschriften auf die Seite gesetzt.
Klassischer Lederfoliant - eine wunderbare kunsthandwerkliche Arbeit
Das Goldene Buch“ von Burladingen ist ein sehr schöner klassischer Lederfoliant (mit den klassischen Foliomaßen von ca.29cm x 40cm), Büttenpapier mit dreiseitigem Büttenrand und Leinenvorsatz. Ich habe noch nie ein Goldenes Buch in Echt gesehen und war sehr beeindruckt von dieser wundervollen handwerklichen Arbeit.
Die ersten Seiten sind im Buchdruck bedruckt, die folgenden Einträge ab dem Jahr 1978 alle sehr schön kalligrafisch gestaltet. Man kann nun an den Seiten den Zeitgeist der vergangenen Jahrzehnte ablesen. Selbst ein so klassisches Kunsthandwerk wie die Kalligrafie ist keineswegs statisch, sondern wandelt sich ständig. Farben und Formen passen sich den jeweilig vorherrschenden Moden an.
Demnach herrscht im Goldenen Buch von Burladingen auch die Bandzugfeder vor, nur hie und da wurde für kleine Schriftgrade eine Zeichenfeder für die Antiqua verwendet.
Kalligrafie mit der Spitzfeder
Und, was soll ich sagen? Ich habe die Seite nach Vorgabe des Büros des Bürgermeisters gestaltet. Der Wunsch war eine Kalligrafie Schrift für die Headline mit der Spitzfeder geschrieben! Und zwar mit einer extremen Spitzfeder!
Die Federspitze spreizt sich sehr weit, die Tinte fließt in einer breiten, satten Linie aus ihr heraus. Die Haarlinien verdienen ihren Namen: zart und fein stehen sie sauber auf dem Papier. Mit leichter Hand lassen sie sich auf das Büttenpapier zaubern, es gibt kein Sträuben und kein Hakeln. Und der Name dieses Wunder-Schreibinstruments?
Es ist ein Kalligrafie Spitzfeder Perry 104 EF Birmingham.
Barbara Calzolari schenkte sie mir, als ich diesen Sommer in Mailand ihren workshop besuchte.
Die gute Nachricht ist: diese wundervolle Spitzfeder hat in Deutschland Geschwister. Diese leben bei Matthias Gröschke (kallipos.de) und er verkauft sie!
Kalligrafiematerial - Die Schreibflüssigkeit, ein eigens entwickeltes Geheimrezept
Die verwendete „Tinte“ ist keine Tinte, sondern ein Gouache-"Geheimrezept" der Kalligrafin. Aufgetrocknet steht sie erhaben auf dem Papier. Und zwar „erhaben“ im doppelten Wortsinne: zum einen prominent und präsent, zum anderen tatsächlich ein ganz klein wenig erhöht. Wenn man aufmerksam schaut (was Frau Asgall und Frau Vergari aus Burladingen getan haben), kann man diese Erhabenheit mit dem bloßen Auge erkennen.
Ich denke das verwendete Kalligrafie-Material wird dem Anlass hier gerecht. Die leichte Erhöhung lässt sich auch erfühlen: eine leichte Berührung mit der Fingerkuppe meldet den Höhenunterschied zwischen kalligrafierter Schrift und Papier an das Gehirn.
Ein heimlicher, haptischer Genuss, den wir uns eigentlich nicht gönnen dürfen. Heisst es doch „hands off“ von jeglicher Kalligrafie auf Papier. Zu groß ist die Gefahr einer Beschädigung.
Nicht umsonst legt die umsichtige Kalligrafin bereits beim Schreiben ein Schutzblatt auf das Schreibblatt – nichts als kalligrafische Schreibflüssigkeit darf das reine Papier berühren. Nur so gibt es eine Garantie für eine saubere kunsthandwerkliche Arbeit.
Danke für dieses Highlight
Dies war für mich das erste Mal, dass ich einen Eintrag in ein Goldenes Buch kalligrafieren durfte. Ich habe es als echtes Highlight empfunden eine so schöne Arbeit ausführen zu dürfen und danke
Herrn Bürgermeister Ebert, Frau Asgall und Frau Vergari aus Burladingen für Ihr Vertrauen.